Remote Work im Homeoffice, in der Crowd oder von digitalen Nomaden während der Workation, statt Großraumbüros Work-Lounges und Creation-Spaces, Catering inbegriffen – ist das die Zukunft der sogenannten „Büroarbeit“? Was verbirgt sich sonst noch hinter dem Konzept der New Work – und hat das alte Büro damit ausgedient?
Die Digitalisierung hat nahezu alle Lebensbereiche erfasst. Der schnelle Internetzugang wird zum wichtigen Standortfaktor – für alteingesessene Unternehmen ebenso wie für Start-ups, aber auch bei der Wohnraumsuche. Beruflich wie privat spielen Geräte wie Computer, Tablet, Smartphone und Co. und die dazugehörige Infrastruktur – Stichwort Netzabdeckung – eine beachtliche, teils beherrschende Rolle.
Die Reaktion der Arbeitswelt
Die Arbeitswelt muss auf die Digitalisierung und die damit zusammenhängende globale Vernetzung reagieren. Und sie tut dies auch – nicht nur mit dem IIoT, dem Industrial Internet of Things, oder der Industrie 4.0, sondern auch mit der New Work. Der Begriff wurde vom österreichisch-amerikanischen Sozialphilosoph Frithjof Bergmann Ende der 1970er-Jahre geprägt. Kennzeichen dieser neuen Arbeitsform ist das selbstbestimmte, sinnhafte – und damit intrinsisch motivierte – Arbeiten, das persönliche Handlungsfreiheit erlaubt und eine Teilhabe an der Gesellschaft ermöglicht. Die Arbeit wird virtuell – losgelöst von zeitlichen, örtlichen und räumlichen Zwängen.
Natürlich gibt es Einschränkungen: Bestimmte Tätigkeiten wie die Montage von Geräten, die Wartung oder Reparatur von Anlagen und Fahrzeugen, handwerkliche Ausführungen beispielsweise auf Baustellen oder Dienstleistungen wie eine Maniküre lassen sich nicht remote, also aus der Ferne, ausführen. Damit wird die New Work stark eingegrenzt und letztlich auf die „White Collars“ – Personen, die im Hemd mit weißem Kragen arbeiten und nicht als „Blue Collars“ im Blaumann – beschränkt. Es profitieren also beispielsweise Mitarbeiter in Büros, Agenturen, Softwarehäusern, Schulungs- und Beratungseinrichtungen oder Designstudios.
Büroarbeit neu gedacht
Diese Entwicklung führt dazu, dass Büroarbeit flexibel wird, flexibel werden muss: Als neue Formen etabliert haben sich bereits die Remote Work – ob im Homeoffice, in einem temporär angemieteten Büro in einem Business Center oder an einem sonstigen ruhigen Ort – und das Crowdworking, bei dem eine Gruppe autonomer Einzelpersonen eine Aufgabe dezentralisiert bearbeitet. Immer wieder hört und liest man aber auch von digitalen Nomaden, die durch die Welt ziehen und bei Bedarf online Aufträge übernehmen und Ergebnisse liefern. Ein anderer Trend ist „Workation“, bei dem Arbeit (Work) und Urlaub (Vacation) – an welchen Destinationen auch immer – miteinander kombiniert werden.
Bei diesem hohen Grad an Flexibilisierung, Autonomie und Work-Life-Integration wird der Firmensitz als sozialer Ort noch wichtiger als bei klassischen Modellen. Möglichkeiten des miteinander oder auch alleine Arbeitens gibt es viele. Je nach Tätigkeit und Vorliebe wird ein Bereich für Kommunikation, Gruppenarbeit oder ruhig-konzentriertes Arbeiten – das klassische Büro – aufgesucht.
New Work braucht New Office
Die neue Art des Arbeitens erfordert auch neue Office-Lösungen – ob im Unternehmen selbst oder in Business Centern bei Anbietern von Arbeitsräumen, die kurzfristig und temporär flexibel gemietet werden können. Im Trend sind Multispace-Büros, in denen New Worker nach eigenem Ermessen und je nach Arbeitsaufgabe in verschiedenen Bereichen ihren Platz finden – für konzentrierte Einzelarbeit, Telefonkontakte, Videochats, kreativen Austausch oder Team-Meetings.
Desk Sharing ist angesagt, um die begrenzten vorhandenen Kapazitäten des Firmengebäudes besser auszunutzen. Besetzt wird – unter Umständen nach Voranmeldung – ein Schreibtisch, der gerade frei ist. Dies ist quasi das erste Stadium des „digitalen Nomadentums“, des „nichtsesshaften Arbeitens“, da ein fest zugeteilter „eigener“ Schreibtisch fehlt.
Coworking-Spaces, bei heimeligerer Ausstattung auch Work-Lounges genannt, bieten separate Einzel- sowie Gruppenarbeitsplätze. Hier steht die Zusammenarbeit mit den Kollegen als Coworkern im Vordergrund, aber möglich ist auch der disziplinenübergreifende Austausch mit Angehörigen anderer Abteilungen. Werden solche Räumlichkeiten bei externen Anbietern angemietet, kann es hier sogar zur Zusammenarbeit mit Fremdfirmen wie Start-ups kommen – was einen Blick über den Tellerrand ermöglicht, die Kreativität beflügelt, eine Ideenfindung vereinfacht und Innovationen wahrscheinlicher macht.
Creation-Spaces sollen die Kreativität fördern – auf unterschiedlichste Art und Weise. Das Spektrum reicht von Themenräumen wie „Dschungel“ oder „Tiefsee“ mit entsprechendem Ambiente über Räume mit Experimentier- und Spielcharakter, die mit beschreib- und abwischbaren Wänden, Lego Serious Play oder Materialien für das Erstellen von Prototypen ausgestattet sind, bis hin zu Sportarenen mit Kletterwand und Kicker – Catering in einer gemütlichen Bistro-Ecke inbegriffen. Die Gestaltung soll dazu anregen, sich auszutauschen und gemeinsam – informell – neue Ideen zu generieren und neue Konzepte, Lösungen oder Produkte zu entwickeln.
Das klassische Büro – ein Auslaufmodell?
Old Work ist tot – es lebe New Work!? Nicht ganz. Auch in der schönen neuen Arbeitswelt 4.0 mit seiner hohen Flexibilität und Kreativräumen hat das klassische Büro – im Betrieb selbst oder im angemieteten Business Center – seine Berechtigung. Denn für ein ungestörtes, konzentriertes Abarbeiten von Aufgaben, Ausarbeiten von Konzepten, Formulieren von wichtigen Texten oder Erstellen von komplexen technischen Zeichnungen ist ein solcher Rückzugsraum immer noch die beste Alternative. Büroarbeit mag unkreativ sein – aber in vielen Fällen ist sie als sehr effiziente und produktive Variante von Arbeit alternativlos.